Sause-Krause braust in den Dschungel – Vom Absturz eines Überfliegers

(MH) Günther Krause kehrt in die Öffentlichkeit zurück. Der frühere Bundesverkehrsminister, der seine ersten wissenschaftlichen Meriten unter anderem an der Hochschule Wismar erworben hat, ist wieder da. Nicht als Professor, nicht als Politiker und schon gar nicht als erfolgreicher Dealmaker, sondern in einer gänzlich anderen Funktion. Vor wenigen Tagen gab der Fernsehsender RTL bekannt, dass Günther Krause einer der Promis der mittlerweile vierzehnten Staffel der Serie „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ (IBES) sei. Damit ist er der erste (Ex-)Politiker, der sich auf das Dschungelabenteuer einlässt.

Rasanter Aufstieg
Der 1953 in Halle an der Saale geborene Australienfahrer schloss 1972 die EOS ab, absolvierte seinen Wehrdienst bei der NVA und studierte an der Hochschule für Architektur und Bauwesen in Weimar. Nach einer kurzen Stippvisite beim Wohnungsbaukombinat in Rostock wurde er 1982 an der Hochschule Wismar tätig. Bis 1987 erlangte er sowohl seine Promotion (Weimar) als auch seine Habilitation (Wismar). Doch das schien angesichts der sich rasch wandelnden politischen Umstände, des Mauerfalls und der bevorstehenden deutschen Einheit alles wie von selbst in den Hintergrund zu treten. Krause wurde Parlamentarischer Staatssekretär der DDR-Regierung de Maizière, die sich nach den ersten freien Volkskammerwahlen konstituierte. Ihr konnte er sich andienen und helfend tätig werden, nicht zuletzt, indem er bei den deutsch-deutschen Einigungsgesprächen als Verhandlungsführer der ostdeutschen Seite auftrat. So ziert seine Unterschrift seit dem 31. August 1990 den Einigungsvertrag, in dem die DDR in Einvernehmen mit dem westdeutschen Verhandlungspartner zum 03. Oktober 1990 ihren Beitritt zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland erklärte.

Sause-Krause
Der Mann der Stunde war geboren. Wenngleich er bereits 1975 der Blockpartei DDR-CDU beigetreten war, beschleunigten die politischen Umwälzungen der Jahre 1989-90 alles in Günther Krauses Leben. Binnen weniger Jahre avancierte er vom einfachen Parteimitglied über die Stationen eines CDU-Kreis- und Landesvorsitzenden, Parlamentariers und Vorsitzenden der CDU/DA-Fraktion in der Volkskammer zum Verhandlungsführer der ostdeutschen Seite bei der Ausgestaltung und Ausfertigung des Einigungsvertrages. Diese Posten nutzte er geschickt als weiteres Sprungbrett, um sich ins Kabinett Kohl III zu katapultieren, in welchem er kurzfristig das Amt des Bundesministers für besondere Aufgaben und danach das des Bundesministers für Verkehr bekleidete. Schnell verpasste ihm der Volksmund den Spitznamen Sause-Krause infolge seines Engagements für den beschleunigten Ausbau der A20 und weiterer Verkehrsinfrastrukturprojekte.

Sinkender Stern
Alsbald haftete ihm jedoch der Beiname Affären-Krause an. Wenngleich sich nicht alle Ungereimtheiten als justiziabel erwiesen, kratzte die Häufung von Skandalen innerhalb von wenigen Jahren sein Image erheblich an. Die Schlagworte „Raststätten-Affäre“, „Autobahn-Affäre“, „Putzfrauen-Affäre“ „USA-Reise-Affäre“ und „Umzugs-Affäre“ sind seit den frühen 90er Jahren des letzten Jahrhunderts untrennbar mit seiner Person verbunden. Sich die Lohnkosten für die Haushaltshilfe unberechtigterweise vom Arbeitsamt erstatten zu lassen war dann doch gerade eine Spur zu viel, als dass es einfach vom Tisch gewischt werden konnte, weswegen er von seinen Ämtern als Bundesminister und Landesvorsitzender der CDU Mecklenburg-Vorpommerns zurücktrat. 1994 schied er aus dem Bundestag aus. Versuche einer Rückkehr in die Politik scheiterten kläglich. Krause unterlag 1995 bei seiner Kandidatur zum Oberbürgermeister der Hansestadt Rostock seinem SPD-Gegenkandidaten deutlich. Auch der 1998 angestrebte Wiedereinzug in den Bundestag sollte ihm verwehrt bleiben.

Hansdampf in allen Gassen
Nachdem seine politische Karriere kurz vor dem Millennium wie ein Scherbenhaufen vor ihm lag, widmete er sich verstärkt der Geschäftswelt. In der Privatwirtschaft engagierte er sich schnell und intensiv in diversen Unternehmungen. Praktisch allen war keinerlei Erfolg beschieden, denn auch hier folgten den hochfliegenden Plänen stets schnell bittere Pleiten. Er war als Kaufmann tätig, erwarb Unternehmen, trat Aufsichtsratsposten an und leitete die Geschäfte einer Unternehmensberatung. Doch alles stand auf tönernen Füßen und brach alsbald in sich zusammen. Bereits 2001 musste der Minister a. D. einen Offenbarungseid leisten. Die millionenschwere Insolvenz seiner Firma „Aufbau Invest“ zog jahrelange juristische Auseinandersetzungen nach sich. Die ursprünglich vom Landgericht Rostock verhängte Haftstrafe (ohne Bewährung) von drei Jahren und neun Monaten (Vorwürfe: Insolvenzverschleppung, Steuerhinterziehung, Betrug und Untreue) wurde später höherinstanzlich in eine Haftstrafe von vierzehn Monaten auf Bewährung abgemildert. Die Geschichte wiederholte sich in diesem Fall im Jahr 2018 mit seiner Beratungsfirma „IBP“, in welchem Krause ein Strafbefehl in Höhe von 5.400 Euro zugestellt wurde; erneut wegen Insolvenzverschleppung und Bankrotts. Später schloss sich der Minister a. D. gar der Hausbesetzerszene an, jedoch anders, als es gemeinhin verstanden wird. Er bewohnte eine großräumige Villa, deren Kaufpreis er jedoch mitnichten aufzubringen vermochte und den Verkäufer über mehrere Monate mit Hinhaltetaktik ausbremste. Nach Verstreichen einer letzten gerichtlich festgesetzten Zahlungsfrist verließ Krause die Villa kurz vor dem Vollzug der Zwangsräumung.

Von der Hybris erfasst
Der raketenhafte Aufstieg in seinen frühen Jahren förderte womöglich Krauses Hang zu Übermut und Risikofreudigkeit. Seine Talente, welche ihn zu eben diesem befähigten, werden weder von Freund noch Feind bestritten. Der letzte DDR-Ministerpräsident Lothar de Maizière glaubte, dass Krause der beste und intelligenteste Mann sei, der ihm damals zur Verfügung gestanden habe. Zweifel hatte er allerdings seinen Charakter betreffend. Auch in Kohls Kabinett erwarb er sich bei seinen Ministerkollegen schnell den Ruf des „Besser-Ossis“. Schlussendlich ließen seine Affären ihn für Helmut Kohl untragbar werden und das Ende seiner Ministerkarriere war besiegelt. Er selbst glaubt jedoch bis heute, einer Intrige zum Opfer gefallen zu sein, weil er sich, selbst als mecklenburgischen Robin Hood wahrnehmend, in einer verkehrspolitischen Detailfrage, die erst im dritten Jahrtausend virulent werden sollte, ausdrücklich gegen den Willen des mächtigen Oggersheimers stellte. Die Rolle des Verfolgten beansprucht Krause bereits seit Längerem. Dem NDR gab er einst zu verstehen, dass seine Unterschrift unter den Einigungsvertrag in seinem Leben alles erschwert hätte. Ohne diese Unterschriftsleistung würde er nicht so verfolgt werden, wie es jetzt der Fall sei. Der Spiegel habe schließlich gleich zwei Dutzend Journalisten auf ihn angesetzt. Im Übrigen florierte seine Beratungsfirma früher durchaus, nur die deutschen Sanktionen gegen Russland hätten die See aufgeraut und letztendlich das Kentern der Unternehmung herbeigeführt.

Große Worte, Ideen, Ansprachen oder Vergleiche scheute Krause nie. In jüngster Vergangenheit widmete er sich einer neuen Idee; der Erzeugung von Gleichstrom aus Sonnenenergie, insbesondere durch die Interaktion von Neutrinos mit verdichteten und speziell beschichteten Materialien. Er steht dem wissenschaftlichen Beirat der Neutrino Deutschland GmbH vor. Die Fachwelt sieht das Vorhaben eher skeptisch. Selbst Krause gibt das zu. Zuvor wollte er mit arabischen Partnern aus Stroh und Abfall Erdöl erzeugen. Irgendwie klappte das auch nicht. Als 2016 das europäische Patentamt Probleme bezüglich der Neutrino-Patentanmeldung prophezeite, strafte Krause eben jenes mit Verachtung. Die Entscheidungsträger von heute würden im Gestern leben. So sei es immer gewesen, schließlich sei auch Jesus einst für seine Vorhaben verlacht worden. Dieser Vergleich lag natürlich nahe, jedenfalls für den mecklenburgischen Nachwendehimmelsstürmer.

Dschungel-Krause
Im neuen Jahrzehnt, den neuen goldenen Zwanzigern, spielt Krause erneut auf der Klaviatur der Aufmerksamkeitsökonomie. Wie virtuos er dabei vorgeht bleibt abzuwarten, da er sich als Flügel ausgerechnet das RTL-Dschungelcamp ausgesucht hat. Über die Motivation lässt sich streiten. Keiner außer ihm wird eine finale Aussage hinsichtlich dieser treffen können. Die monetären Reize der Teilnahme an der Show haben schon andere Prominente (nach weitläufiger Auslegung des Wortes durch die RTL-Redaktion) angeführt, wenn sie nach dem Grund ihrer Teilnahme befragt wurden. Ein gewisses Interesse an Öffentlichkeit und Beachtungsdrang seitens des Protagonisten zu unterstellen, ist sicherlich nicht vermessen. Die Vorlage hierzu lieferte Krause gleich selbst. Er geht, natürlich auf eigenen Wunsch und nicht des Geldes wegen, in die Sendung, um der Klimahysterie in Deutschland etwas entgegenzusetzen. Da können sich die Greta-Fanatiker, die freitäglichen Schulschwänzer und sonstige Öko-Spinner jetzt schon warm anziehen, selbst wenn der australische Wald bereits seit Wochen in Flammen steht, denn wenn es jemand versteht, eine Debatte zu entfachen, dann sicherlich Günther Krause. Die Kameras werden lediglich der Brandbeschleuniger sein.